Erbschaftssteuer Balearen (Mallorca, Ibiza, Menorca, Formentera)

Als spanischer Rechtsanwalt (Abogado) und Spezialist für deutsch-spanische Erbfälle bin ich oft mit Erbfällen mit Bezügen zu den Balearen (Mallorca, Ibiza, Menorca, Formentera) befasst. Dabei werde ich immer wieder gefragt, welche besonderen Gesetze auf den Balearen für die Besteuerung von Erbschaften gelten und ob diese auch für Deutsche mit Vermögen auf den Balearen gelten. Der Beitrag erläutert einführend die Rechtslage in den Steuerjahren 2019, 2020, 2021, 2022, 2023 und 2024 verweist auf weiterführende Informationen zur Besteuerung deutsch-spanischer Erbschaften.

Gesetzliche Grundlagen

Die spanische Erbschaftssteuer ist im Ley 29/1987, de 18 de diciembre, del Impuesto sobre Sucesiones y Donaciones (nachfolgend auch "span. ErbStG") und der Durchführungsverordnung hierzu (nachfolgend auch "DVO") geregelt.

Die autonomen Regionen Spaniens haben in gewissen Umfang im Bereich des Erbschafts- und Schenkungssteuerrechts eigene Gesetzgebungskompetenz, z.B. betreffend die Freibeträge. Die autonome Gemeinschaft der Balearen (Comunidad Autónoma de Baleares - Mallorca, Ibiza, Formentera, Menorca) haben hiervon Gebrauch gemacht und zuletzt durch Gesetzesdekret – Decreto Legislativo – 1/2014 -  nachfolgend "balearisches Erbschaftsteuergesetz" - besondere Regelungen zur Erbschaftsteuer getroffen. Die wichtigsten Regelungen der Erbschaftsteuer sind nachfolgend aufgeführt.

Wichtig: Soweit keine besonderen Regeln gelten, gelten die Regeln des Staates (estado), siehe hierzu den Beitrag Spanische Erbschaftsteuer - Einführung

Anwendbarkeit der besonderen Regeln der Balearen betreffend die Erbschaftssteuer

Bis 2015 war das autonome Recht der Balearen (Mallorca, Ibiza, Formentera, Menorca) nur anwendbar, wenn ein "Anknüpfungspunkt" zu der autonomen Gemeinschaft bestand. Das war bei Deutschen oft nicht der Fall. Für Erbfälle nach dem 1.1.2015 kann der Erwerber das Recht der Balearen nach Maßgabe der folgenden Regeln wählen. 

  • War der Erblasser auf den Balearen steuerlich ansässig (residente), kann der Erbe, der in Deutschland ansässig ist, das Recht der Balearen wählen.
  • War der Erblasser in Deutschland ansässig, kann der Erbe die Anwendung des Rechts derjenigen autonomen Gemeinschaft Spaniens verlangen, wo sich wertmäßig die Mehrheit des Vermögens in Spanien befindet.
  • Wenn der Erblasser keinen gewöhnlichen Wohnsitz und kein Vermögen in Spanien hatte, ist das Recht der autonomen Gemeinschaft anzuwenden, in welcher der Erbe im Zeitpunkt des Erwerbs ansässig war.

Zur Vertiefung verweisen wir auf den Beitrag Spanische Erbschaftsteuer: Anwendbarkeit der besonderen Regeln der autonomen Gemeinschaften

Allgemeiner Freibetrag nach dem Erbschaftssteuerrecht der Balearen

Der allgemeine Freibetrag bei der Erbschaftssteuer der Balearen beträgt gemäß Art. 2 balearisches Erbschaftsteuergesetz wie folgt erhöht:

Steuerklasse 

Freibetrag in EUR

I (Kinder unter 21 Jahren)

max. 50.000

II (Kinder ab 21 Jahren, Ehegatte, Aszendenten

25.000

III (Seitenverwandte des 2. und 3. Grades; angeheiratete Abkömmlinge und Aszendenten)

8.000

IV (alle anderen)

1.000

Steuerbefreiung der Hauptwohnung auf den Balearen (Mallorca, Ibiza, Menorca, Formentera)

Der Höchstbetrag für die Steuerbefreiung für die Gewöhnliche Wohnung (vivienda habitual) bei der Erbschaftssteuer der Balearen (Mallorca, Ibiza, Menorca, Formentera) ist nach dem Recht der Balearen gegenüber dem staatlichen Höchstbetrag leicht erhöht (EUR 180.000). Die Steuerbefreiung beträgt 100 % (statt 95 %). Die Steuerbefreiung fällt pro Erwerber an. Die Haltefrist ist auf 5 Jahre verkürzt (Art. 4. balearisches Erbschaftsteuergesetz).

Steuerbefreiung für das Familienunternehmen auf den Balearen bei der Erbschaftsteuer

Erwirbt ein Abkömmling oder Ehegatten von Todes wegen ein Einzelunternehmen (Art. 6 ErbStG-Balearen) oder einen Anteil an einem Unternehmen (Art. 7 balearisches Erbschaftsteuergesetz) auf den Balearen (Mallorca, Ibiza, Menorca, Formentera), so ist der Erwerb zu 95 % steuerbefreit. Die Haltefrist beträgt nur 5 Jahre (Art. 8 balearisches Erbschaftsteuergesetz). Entsprechendes gilt für Schenkungen (Art. 22, 23, 24 balearisches Erbschaftsteuergesetz). 

Steuersatz und Ermittlung der Steuerschuld bei der balearischen Erbschaftssteuer

Zur Ermittlung der korrigierten Steuerschuld (cuota íntegra corregida) ist der Zwischenbetrag (cuota íntegra) zu ermitteln und dieser mit dem Koeffizienten zu multiplizieren.  

Für Personen der Steuerklassen III und IV

Bemessungsgrundlage in EUR)

Steuerbetrag in EUR

Steuerbarer Restbetrag in EUR

Steuersatz (%)

0,00

 

8.000,00

7,65

8.000,00

612,00

8.000,00

8,50

16.000,00

1.292,00

8.000,00

9,35

24.000,00

2.040,00

8.000,00

10,20

32.000,00

2.856,00

8.000,00

11,05

40.000,00

3.740,00

8.000,00

11,90

48.000,00

4.692,00

8.000,00

12,75

56.000,00

5.712,00

8.000,00

13,60

64.000,00

6.800,00

8.000,00

14,45

72.000,00

7.956,00

8.000,00

15,30

80.000,00

9.180,00

40.000,00

16,15

120.000,00

15.640,00

40.000,00

18,70

160.000,00

23.120,00

80.000,00

21,25

240.000,00

40.120,00

160.000,00

25,50

400.000,00

80.920,00

400.000,00

29,75

800.000,00

199.920,00

Mehr

34,00

Steuerklasse I und II 

Bemessungsgrundlage in EUR

Sockelbetrag in EUR

Steuerbarer Restbetrag bis EUR

Steuersatz (%)

0

0

700.000,00

1

701.000,00

7.000,00

300.000,00

8

1.000.001,00

31.000,00

1.000.000,00

11

2.000.001,00

141.000,00

1.000.000,00

15

3.000.001,00

291.000,00

oder mehr

20

Multiplikationskoeffizienten 

Der ermittelte Zwischenbetrag ist mit dem Multiplikationskoeffizienten gemäß der folgenden Tabelle zu multiplizieren.

Vorvermögen in EUR

Steuerklasse I und II

Steuerklasse III*

Steuerklasse

III** 

Steuerklasse IV

0 bis 400.000,00

1,0000

1,2706

1,6575

1,7000

400.000,01 bis 2.000.000,00

1,0500

1,3341

1,7000

1,7850

2.000.000,01 bis 4.000.000,00

1,1000

1,3977

1,7850

1,8700

Mehr als 4.000.000,00

1,2000

1,5247

1,9550

2,0400

*Verwandte der Seitenlinie des zweiten und dritten Grades. **Verschwägerte (eingeheiratete) Verwandte der aufsteigenden und absteigenden Linie.  

Ab Steuerjahr 2023: Abzug von der Steuerschuld in den Steuerklassen I, II und III

Die neue Regierung der Balearen hat kurz nach Übernahme der Amtsgeschäfte ein Gesetzdekret erlassen, das am 18.7.2023  im Amtsblatt der Balearen veröffentlicht wurde (Decreto Ley 4/2023, de 18 de julio). Durch das Gesetzesdekret wird u.a. Art. 36 des balearischen Erbschaftsteuergesetzes dahingehend geändert, dass

Personen der Steuerklassen I und II im Sinne des Art. 21 in Zukunft einen Steuerabzug (bonificació) von 100 % auf die Steuerschuld erhalten. 

Ferner wurde ein Art. 36 bis eingefügt, wonach Personen der Steuerklasse III (Geschwister und/oder Nichten, Neffen und Onkel/Tante) einen Steuerabzug (bonificació) von 50 % erhalten, wenn der Erblasser keine Abkömmlinge, gleich ob leiblich oder adoptiert, hat oder diese durch den Erblasser enterbt sind. Für alle anderen Personen der Steuerklasse ist der Abschlag 25 %.

Um diese Vergünstigung in Anspruch zu nehmen, muss im Falle des Erwerbs von Immobilien der Wert der erworbenen Immobilien in der entsprechenden öffentlichen Urkunde angegeben werden, der in keinem Fall den um 20 % erhöhten Referenzwert oder, wenn dieser Referenzwert nicht existiert oder von der Generaldirektion für Katasterwesen nicht bescheinigt werden kann, den Marktwert übersteigen darf.

Deutsche Erbschaftssteuer bei einer Erbschaft auf den Balearen

Steuerpflicht

Für den gesamten Vermögensanfall tritt gemäß § 2 (1) ErbStG die persönliche Steuerpflicht ein, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) ein Inländer ist (unbeschränkte Steuerpflicht). Folglich fällt auch oft bei einer Erbschaft auf den Balearen (Mallorca, Ibiza, Menorca, Formentera) deutsche Erbschaftssteuer an. 

Zur Vertiefung verweisen wir auf den Beitrag Erbschaftssteuer: Unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland.

Fällt sowohl auf den Balearen als auch in Deutschland Erbschaftssteuer an, wird die Doppelbesteuerung durch Anrechnung vermieden. Hierzu verweisen wir auf den Beitrag Anrechnung spanischen Erbschaftsteuer in Deutschland). 

Pflicht zur Anzeige des Erwerbs und Erbschaftssteuererklärung

Die deutschen Erben und Vermächtnisnehmer sind nach § 30 ErbStG verpflichtet, dem deutschen Erbschaftsfinanzamt ihren Erwerb binnen 3 Monaten ab Kenntnis vom Erwerb anzuzeigen (siehe hierzu auch den Beitrag Erwerbsanzeige nach § 30 Erbschafts- und Schenkungsteuergesetz im Erbfall). Zu beachten ist dabei, dass der steuerliche Erwerb (§ 9 ErbStG) nicht etwa erst dann eintritt, wenn man über den Nachlass verfügen kann. Kommt das Erbschaftssteuerfinanzamt zu der Einschätzung, dass die Erhebung von Erbschaftsteuer in Betracht kommt, gibt sie dem Erwerber (Erben, Vermächtnisnehmer) die Erklärung der Erbschaftsteuer binnen einer Frist von mindestens 1 Monat auf. Die Frist kann auf Antrag verlängert werden. 

Wir helfen Ihnen gerne bei der Erklärung der Erbschaftsteuer und stellen auch sicher, dass die spanische bzw. balearische Erbschaftsteuer auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet wird soweit dies zulässig ist. 

Glossar: Nicht-Resident (no-residente), gewöhnlicher Wohnsitz (residencia habitual)

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