Testament auf den Balearen (Mallorca, Ibiza, Menorca, Formentera) - Erbstatut, Form, Wirksamkeit und Anfechtung

Als spanischer Rechtsanwalt (Abogado) für deutsch-spanisches Erbrecht berate ich oft im Hinblick auf Testamente von Deutschen für Vermögen auf den Balearen (Mallorca, Ibiza, Menorca, Formentera). Dabei werde ich immer wieder gefragt, ob ein deutsches Testament auf den Balearen anerkannt wird und was bei Vermögen auf den Balearen zu beachten ist. Der Beitrag erläutert einführend einige Fragen zum Testament auf den Balearen und verweist auf weiterführende Beiträge.

Anzuwendendes Erbrecht

Für Erbfälle ab dem 17.08.2015 ermitteln deutsche und spanische Gerichte das anwendbare Erbrecht nach der  Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO). 

Nach Art. 21 Abs. 1 EuErbVO kommt es im Grundsatz auf den letzten gewöhnlicher Aufenthalt (domicilio habitual) des Erblassers an, wenn der Erblasser keine wirksame Rechtswahl getroffen hat. 

Rechtswahl 

Gemäß Art. 22 EuErbVO kann eine Person für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staates wählen, dem sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört.

Eine Teilsrechtswahl nach § 22 EuErbVO ist unzulässig. Daher ist z.B. eine Rechtswahl betreffend das Vermögen in einem Staat ("Ich wähle für mein Vermögen in Deutschland....") unwirksam. Errichtet der Erblasser

  • für das Vermögen in Deutschland und in Spanien gesonderte Testamente
  • oder nur für das Vermögen in einem Staat ein Testament

und enthält nur eines eine Rechtwahl, kann eine unzulässige Teilrechtswahl anzunehmen sein.

Hinweis: Der wahre Wille des Testators ist zu ermitteln. Wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass tatsächlich eine unbeschränkte Wahl gewollt war, kann daher unter Umständen ein unglücklich formulierte Rechtswahl noch durch Testamentsauslegung "gerettet" werden.  

Fingierte Rechtswahl

Wurde eine Verfügung von Todes wegen vor dem 17. August 2015 "nach dem Recht" errichtet, welches der Erblasser nach der EuErbVO hätte wählen können, so gilt dieses Recht als das auf die Rechtsfolge von Todes wegen anzuwendende gewählte Recht (Art. 83 Abs. 4 EuErbVO). 

Nicht abschließend geklärt ist, ob sich aus einer Verfügung, die auf einen Staat beschränkt ist, eine fiktive Rechtswahl ergeben kann. Hiergegen dürfte der Wortlaut von Art. 83 Abs. 4 EuErbVO ("nach dem Recht errichtet, welches der Erblasser nach dieser Verordnung hätte wählen können"), da nach der EuErbVO nur für die "gesamte Rechtsnachfolge" eine Rechtswahl zulässig ist. Nach Dutta soll jedenfalls dann die Fiktion der Rechtswahl unzulässig sein, wenn der Erblasser (etwa für Vermögen in verschiedenen Staaten) mehrere Verfügungen von Todes wegen getroffen hat und der Erblasser nur eine dieser Verfügungen nach seinem Heimatrecht errichten wollte. 

Anwendbares forales Erbrecht der Balearen (Mallorca, Ibiza, Menorca oder Formentera)

Spanien ist ein Mehrrechtsstaat. Auf den Balearen haben sogar Mallorca, Menorca, Ibiza/Formentera jeweils eigene gesetzliche Bestimmungen zum Erbrecht. Ob und welches Foralrecht anzuwenden ist, richtet sich bei einem Erblasser mit spanischer Staatsangehörigkeit gemäß Art. 13 Ziff 1 CC nach der Gebietszugehörigkeit (vecindad civil) des Erblassers. 

Beispiel: Erblasser E, spanischer Staatsangehöriger, geboren auf Mallorca, Spanien. Da er durch die Geburt die Gebietszugehörigkeit von Mallorca erworben hat, wird er aus Sicht eines spanischen Gerichts nach mallorquinischem Erbrecht beerbt. Dies gilt im Hinblick auf alle seine Vermögensgegenstände, auch Immobilien.

Für Erblasser, die nicht (auch) Spanier sind, ist nach h.M. gemäß Art. 36 Abs. 2 EuErbVO das forale Erbrecht der Gebietseinheit anzuwenden, in welcher der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. 

Form des Testaments

Betreffend die Form des Testaments gibt es kein besonderes Recht der Balearen, so dass die Regeln des gemeinspanischen Rechts maßgebend sind. Danach kann ein Testament (testamento) ordentlich oder außerordentlich sein, Art. 676 Abs. 1 CC. Ein ordentliches Testament kann der Testator als eigenhändiges Testament (testamento ológrafo) oder notarielles Testament (testamento notarial) errichten. Weitere Informationen zur Form des Testaments finden Sie in unserem Beitrag Testament in Spanien - Form der Errichtung bei Anwendbarkeit spanischen Rechts.

Unwirksamkeit des Testaments wegen Willensmängeln

Minderjährige unter vierzehn Jahren sind nicht testierfähig, Art. 663 CC. Testierunfähig sind ferner diejenigen, die dauerhaft oder vorübergehend kein klares Urteilsvermögen (cabal juicio) haben, Art. 663 CC. Ein Testament ist außerdem unwirksam, wenn es unter dem Einfluss von Gewalt (violencia), arglistiger Täuschung (dolo) oder Betrug (fraude) errichtet wurde, Art 673 CC.

Testamentsvollstreckung

Hat der Erblasser durch Testament einen Erbteiler (contador-partidor) und/oder einen Testamentsvollstrecker (albacea) bestimmen. Anders als ein deutscher Testamentsvollstrecker hat er aber regelmäßig nicht das ausschließliche Verwaltungs- und Verfügungsrecht. Zur Abwicklung eines Nachlasses in Spanien durch einen deutschen Testamentsvollstrecker finden Sie Informationen hier

Diesen Artikel bewerten
 
 
 
 
 
 
 
0 Bewertungen (0 %)
Bewerten
 
 
 
 
 
 
1
5
0
 

Sie haben Fragen zu diesem Beitrag oder der Beauftragung der Kanzlei?

Wir helfen Ihnen gerne. Um die Kontaktaufnahme für Sie und uns so einfach und effizient wie möglich zu gestalten, bitten wir Sie für Ihre Fragen vorrangig unser Kontaktformular zu benutzen. Nach Absendung Ihrer Anfrage wird Sie ein Rechtsanwalt der Kanzlei, der sich mit dem Themengebiet auskennt, schnellst möglich - in der Regel binnen 24 Stunden - kontaktieren und - soweit erforderlich - weitere Fragen stellen oder ein Angebot für eine Beratung unterbreiten. Selbstverständlich ist Ihre Anfrage per Kontaktformular nicht mit Verpflichtungen für Sie oder uns verbunden und wir unterbreiten Ihnen nach Sichtung Ihrer Anfrage ggf. einen Vorschlag für eine Vergütung.

Natürlich können Sie uns auch anrufen. Ansprechpartner finden Sie unter Rechtsanwälte. Selbstverständlich werden Sie auch bei Anruf versuchen vorab über eine etwaig anfallende Vergütung zu informieren. 

Neuigkeiten